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JAX 2021 – Über den Wolken

Verfasst von Philipp Traue   //  

Es ist nicht die Zeit für Konferenzen. Hunderte, gar tausende IT-Schaffende in der Mainzer Rheingoldhalle? Im zweiten Jahr in Folge ist das undenkbar. Umso mehr gilt es sich über die rasanten, teils gegenläufigen Entwicklungen in der erweiterten Java-Welt und ihren nahestehenden Technologien auszutauschen. Was fehlt, ist der gewohnte Rahmen.

Insofern blicken wir auf die diesjährige JAX als reines Online-Event zurück. Einen Nachholtermin vor Ort wird es nicht geben und mit dem Wechsel des Veranstaltungsformats verstärkt sich auch der Gesamteindruck unseres Entwicklerteams: Es geht ein Riss durch die IT-Welt.

Die meisten klassischen Finanzinstitute pflegen ihren Ansatz der verteilten IT-Systeme über Jahre hinweg kosteneffizient und verlässlich. Aber das allein genügt nicht. Jene, die sich schon serverless und cloud-native nennen, benutzen nun ihre Maxime beyond cloud so, als wäre nur damit der Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit möglich.

Ist also die Zeit für einen Wandel gekommen? Oder gar für einen Paradigmenwechsel?

Sapere aude!

Im Bereich Cloud überwogen die Sessions, die sich mit den Anfängen und der Schwelle hin zur Cloud beschäftigten. Bei den verteilten Systemen ging es entweder technologisch in die Tiefe oder architektonisch in die Breite.

Wir lauschten aufmerksam den hochwertigen Vorträgen zu Microservices, MicroProfile und MicroFrontends, Scriptsprachen wie Typescript und Angular oder Eventmessaging mit Kafka. Domain Driven Design gibt hier den Ton an, aber auch die altbekannte API erlebt eine Renaissance, häufig im Zusammenhang mit REST. Nur für die alte Drei-Schichten-Architektur scheint die Zeit abgelaufen zu sein. 

Etwas ratlos bleibt somit die dritte Gruppe zurück. Jene, deren IT-Alltag noch geprägt ist von monolithischen Legacy-Systemen, die mit Mühe und Not aus grauer Vorzeit modernisiert, eine schwergewichtige Drei-Schichten-Architektur ihr Eigen nennen – fernab der Skalierbarkeit und Performance verteilter Systeme, geschweige denn der Möglichkeiten im Serverless Cloud Computing.

Dass diese Strukturen bei vielen Unternehmen noch immer Standard sind, wurde durch Online-Umfragen in den laufenden Sessions deutlich. Ein überwiegender Teil der Hörer – so schien es – hatte noch nicht mit einer NoSQL-Datenbank gearbeitet, ein Domain Driven Design umgesetzt oder eine Funktion in der Cloud implementiert.

Mehr Fragen als Antworten

In einer Zeit, in der das Verhältnis von ausgeführten Funktionen zu einem messbaren Abschluss, sprich die Click-Conversions bei 100:1 oder teilweise 1000:1 liegen, haben zentralisierte Systeme und Infrastrukturen einen nicht weg zu diskutierenden Nachteil. Es ist also durchaus Zeit, über Transformation nachzudenken.

Das Format der diesjährigen JAX war – pandemiebedingt – pragmatisch gewählt. Das brachte sicher die bekannten Vorteile, z.B. dass man Sessions auch später schauen oder Live-Umfragen während der Session durchführen kann. In der altbekannten Home-Office-Atmosphäre strahlt die Konferenz aber in konsumorientiertem Mattglanz.

Sie wirft auch mit Blick auf die mittlere Zukunft mehr Fragen auf, als dass sie Antworten liefert und ist damit auf eine andere Art zukunftsweisend als es die letztjährige JAX 2020 war. Das hat auch seinen Wert: Unternehmen und Teams werden ihre eigenen Wege finden müssen. Da schadet es nicht, die richtigen Fragen klar formulieren zu können.